Einsatzmeldung „Pferd in Bachbett“

Die Fachgruppe Tierrettung der Freiwilligen Feuerwehr Stutensee trainierte am Schulzentrum Stutensee mit Pferdedummy „Sam“, wie die sichere und tierschonende Rettung von Pferden, Rindern, Eseln und anderen großen Tieren funktioniert.

Nicht nur wir Menschen geraten in Situationen, in denen wir Hilfe benötigen, sondern auch Tiere. Um bestmöglich für einen tierischen Rettungseinsatz vorbereitet zu sein, fand für die Mitglieder der Fachgruppe Tierrettung und einige Führungskräfte der Freiwilligen Feuerwehr Stutensee am Samstag, den 13. Mai 2023, eine Schulung zum Thema “Großtierrettung” statt. 
„Mein Pferd ist in einen Graben gerutscht und kommt nicht mehr raus.“ „Es hat einen Verkehrsunfall mit einem PKW mit Pferdeanhänger gegeben“, „…ein Rind ist in die Güllegrube gefallen.“ Jeden Tag gehen solche oder ähnliche Anrufe bei den Leitstellen der Feuerwehren ein. Die Zahl der Rettungseinsätze für große Tiere, die in eine Notlage geraten sind, nimmt kontinuierlich zu. Tierbesitzer – ob Landwirt oder Freizeitreiter – vertrauen in solchen Situationen auf die Feuerwehr. Die große Mehrheit der Einsatzkräfte ist jedoch nach wie vor nicht auf die speziellen Anforderungen und Risiken von Großtierrettungseinsätzen vorbereitet, denn anders als beispielsweise in England steht die technische Großtierrettung nicht auf dem Standardausbildungsplan für Rettungskräfte. Noch nicht, muss man sagen, denn das ändert sich gerade. Immer mehr Feuerwehren entwickeln ein Bewusstsein für die speziellen Gefahren und Herausforderungen von Großtierrettungseinsätzen und entscheiden sich, ihre Einsatzkräfte schulen zu lassen. 
So auch am Samstag, den 13. Mai 2023., als die Mitglieder der Fachgruppe Tierrettung, der auch zwei Tierärztinnen angehören und Führungskräfte der Freiwilligen Feuerwehr Stutensee auf Lutz Hauch trafen, dem einzigen zertifizierten Großtierrettungstrainer Deutschlands und seinen professionellen Rettungsdummy „Sam“ und lernten, wie man bei einem Großtierrettungseinsatz vorgeht. 

Großtierrettungseinsätze werden praktisch geübt

Einen ganzen Tag hatten sich die ehrenamtlichen Feuerwehrleute unter Führung ihres Feuerwehrkommandanten Gregor Peters und fachlicher Leitung der Tierrettungsgruppe, der beiden Tierärztinnen Dr. Prisca Friede und Isabell Jungrichter, Zeit genommen. 
Die Sicherheit der Einsatzkräfte und eine möglichst schonende Rettung des in Not geratenen Tieres stehen bei dem Training der technischen Großtierrettung im Vordergrund und so startete der Trainingstag erst einmal mit einem Theorieteil, bei dem die 6 Feuerwehrfrauen und 11 Feuerwehrmänner Hintergrundinformationen in kompakter Form erhielten. Besonders wichtig die sogenannten 5 Gebote der Großtierrettung: Kopf des Tieres vor der Rettung sichern, sicheren Ort für die Freilassung wählen, Rückzugsweg für die Retter und Alternativweg für das Tier, immer Tierarzt hinzuziehen und konsequentes Personenmanagement.
Neben der ganzheitlichen Wahrnehmung der Einsatzsituation ging es auch um die richtige Einschätzung des Verhaltens von Menschen und Tieren unter Stress. Das Tier ist ein Lebewesen, das anders wahrnimmt als wir Menschen, das sich bewegt und besonders unter Stress unvorhersehbar reagieren kann. Hier muss man gewappnet sein, sich als Retter wirkungsvoll schützen und im Team richtig vorgehen. Um mit den Worten Ian Flemings, des britischen Autors und James Bond-Erfinders, zu sprechen: „Ein Pferd ist an beiden Enden gefährlich und unbequem in der Mitte.“
Ein wichtiges Thema der Schulung war auch ein konsequent auf Sicherheit setzendes Personenmanagement. Das bezieht sich nicht nur auf die Einsatzkräfte, sondern auch auf andere am Einsatzort anwesende Personen. Nicht wenige Menschen setzen bei dem Versuch einem in Not geratenen Tier zu helfen ihre eigene Gesundheit und Sicherheit aufs Spiel. Dieser Aspekt ist bei jedem Großtierrettungseinsatz zu beachten. Außerdem ging es um die Entwicklung passender Einsatzstrategien sowie sichere und tierschonende Vorgehensweisen. Der Bezug zur Praxis wurde anschaulich anhand mehrerer, teils haarsträubender Einsatzvideos hergestellt. Das alles in kompakten zwei Stunden bevor die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Trainings rausgingen ins Gelände, um das erlernte Wissen am Beispiel verschiedener Einsatzszenarien zu üben.   

Einsatzübungen mit lebensgroßem Rettungsdummy „Sam“

Für den Praxisteil des Trainings der technischen Großtierrettung hatte der Trainer Lutz Hauch um ein Gelände gebeten, das für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer echte Herausforderungen bereithielt. „Ideal sind Hänge und Gräben, Wasserläufe, Morast, Unterholz oder auch dichter Baumbestand“, weiß Trainer Lutz Hauch aus Erfahrung. 
Für das Training bot das Gelände neben dem Schulzentrum Stutensee die dafür idealen Bedingungen: Ein Brückensteg, ein Bachlauf, eine große Wiese mit viel Platz, sowie der passende Untergrund um dann auch später die Drehleiter für die Demonstration des Hebezeugs in Stellung zu bringen.
Bevor es zur ersten Übung ging, legten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre PSA, die persönliche Schutzausrüstung an, die auch im Einsatz unbedingte Pflicht ist: Hierzu zählen der Feuerwehrhelm, bzw. alternativ der Kletterhelm, wie er auch im Bereich Höhenrettung/ERHT zum Einsatz kommt, Feuerwehrstiefel, Feuerwehrschutzhandschuhe für den Technischen Hilfeleistungseinsatz, sowie den Feuerwehrschutzanzug, wobei aus wärmetechnischen Gründen ausnahmsweise auf die Überjacke verzichtet werden konnte. 
Dann wurde der lebensgroße Rettungsdummy des Trainers entladen. Der Hengst „Sam“ ist ein professioneller Pferdedummy, wiegt circa 200 kg und hat bewegliche Gelenke wie das lebendige Vorbild. Sein großer Vorteil: Er lässt alle Übungen und auch Fehler, die beim Training gemacht werden dürfen, geduldig über sich ergehen. Die Teilnehmer lernten an und mit Sam, wie eine Großtierrettung ablaufen sollte. 
Dabei wurden auch die Spezialwerkzeuge eingesetzt, die der Trainer mitgebracht hatte, sowie die neuangeschafften Einsatzmittel, die nun auf einem Rollwagen verlastet, im Bereich Tierrettung bei der Feuerwehr Stutensee zum Einsatz kommen sollen. Die Werkzeuge wurden für die technische Großtierrettung entwickelt und sind geeignet, Tiere schonend und schmerzfrei zu befreien, ohne dass die Rettungskräfte dem Tier zu nahe kommen müssen. Neben einfacher Leinen für das Knoten eines sogenannten Nothalfters, befinden sich unter den speziellen Utensilien zahlreiche Gurte, Bandschlingen, eine Fädelhilfe in Form einer Blattfeder mit Haken, sowie praktische Werkzeuge wie Hirtenstäbe.
Geübt wurden nun mit diesem Equipment verschiedene praxisnahe Situationen wie die Rettung aus einem Graben, die Rettung von einer Brücke, die Rettung aus einem verunfallten Transporter und auch eine Rettung mittels Hebegeschirr unter Einsatz der Drehleiter. Diese kann übrigens in den allermeisten Fällen in der Fahrzeughalle bleiben. „90 Prozent aller Rettungen lassen sich mit reiner Muskelkraft bewältigen“, bestätigt Lutz Hauch. 
Alle Einsatzszenarien wurden so realistisch wie möglich nachgestellt, um die Teilnehmer auf den Ernstfall vorzubereiten: Damit sich Retter nicht in Gefahr bringen und Tierbesitzer auf professionelle Hilfe setzen können.
Angesichts dreier Reitvereine in Stutensee, einem Islandpferdegestüt, zahlreicher Privatställe mit in Summe mehreren hundert Pferden sowie weiterer landwirtschaftlicher Betriebe mit Schafen, Rindern, Eseln mit Ställen und Weiden fühlen sich nun alle Teilnehmer bestens auf mögliche Rettungseinsätze vorbereitet und waren sich einig, dass es ein klasse Ausbildungstag war! 
Ein ganz herzlicher Dank geht an Lutz Hauch für die sehr kurzweilige Schulung und das Vermitteln seines hohen Fachwissens und Erfahrungsschatzes und an seine Frau Gabi Hauch für die freundliche Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit!

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